Allgemein/Logbuch der Reiseleitung

Mit Anstand und frohem Mut: Die letzte Workshoprunde der #BibReise

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Zu jeder Reise gehört auch das Einkehren. Nun kann man unsere Workshops im Rahmen der #BibReise nur bedingt als Pausen bezeichnen – dafür waren sie zu arbeitsreich. Aber sie waren wichtige Wegmarken auf einer gemeinsamen Reise, die vor nunmehr fast zwei Jahren begann. Dreizehn Bibliotheken machten sich auf dem Weg nach Digitalien: Was ist ihnen widerfahren? Welche Strecke haben sie zurückgelegt? Verirrten sie sich oder fanden sie mühelos ihre Pfade? Antworten auf diese Fragen beantworten wir in der nächsten Zeit hier im Blog. Bis Juni reisen wir noch gemeinsam, bis die #BibReise mit einem zweiten internen Barcamp, dem Lernortcamp, ihr Ende findet – und die Bibliotheken ihre Reisen ins Digitale fortan auf eigene Faust gestalten.

Social-Media-Guidelines: Ein alter Hut?

Die Reiseleiterin gestattet sich an dieser Stelle einen Blick zurück auf die letzte Workshoprunde. Zentrales Thema waren diesmal die Social-Media-Guidelines. Ein alter Hut?

Längst sausen andere Buzzwords durch den digitalen Raum, die mehr Beachtung finden. Viele Guidelines, die man im Internet findet, sind zwischen 2010 und 2012 entwickelt worden. Damals kam Social Media in vielen Unternehmen an (nun ja, mehr oder weniger). Es entstand die Notwendigkeit, gewisse Spielregeln für Social Media zu finden, für einen Raum, in dem die Grenzen zwischen privater und beruflicher Identität mehr als gewohnt verschwimmen. Veröffentlicht wurden in der Regel die Teile der Social Media Guidelines, die sich auf das Verhalten in Social Media beziehen, wie etwa höflich zu bleiben, Interna vertraulich zu behandeln oder geltendes Recht auch im Internet zu achten. Diese wurden als Netiquette überall dort veröffentlicht oder verlinkt, wo mit anderen Menschen kommuniziert wurde.

In weiten Teilen gleichen sich diese Spielregeln, denn grundsätzlich geht es um ein gutes und auskömmliches Miteinander und die Ermahnung durch die Unternehmen, dass man auch im Internet stets Mitarbeiter*in bleibt.

Edel sei der Mensch, hilfreich und gut. (Goethe)

Denkt man näher hin, fällt auf, dass dieses vermeintlich alte Thema jedoch ganz aktuell ist: Hatespeech, Mobbing, verbale Klöppereien, Fake-News – die dunkle Seite des Netzes ist mächtig. Jüngst fand die größte Digitalkonferenz Europas, die re:publica, unter dem Motto Love Out Loud statt. Etwa 9.000 Menschen aus aller Welt diskutierten unter anderem darüber, wie man mit Hatespeech umgehen und für einen guten Umgang miteinander sorgen kann. Es gab zum Beispiel ein Plädoyer für anständiges Community-Management. Allein die ersten fünf Minuten sind schon lohnenswert.

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Es ist also durchaus an der Zeit, sich der Frage wieder intensiver zu widmen, wie wir miteinander umgehen wollen und in welcher Welt wir leben wollen. Und dazu gehört eben auch die digitale Welt. Die öffentlichen Bibliotheken bringen hier bereits viel mit. Denn sie bieten Räume, die für jeden frei zugänglich sind und die zum Lesen, Lernen, Arbeiten, Spielen und Treffen genutzt werden. Damit dies funktioniert, braucht es klare Spielregeln. Sie sind auch in den digitalen Räumlichkeiten der Bibliotheken (also auf deren Social-Media-Accounts) nötig, damit es überall dort, wo Bibliotheken in Social Media präsent sind, angstfrei, rücksichtsvoll und freundlich zugeht.

„Der ernsteste Stoff muss so behandelt werden, dass wir die Fähigkeit behalten, ihn unmittelbar mit dem leichtesten Spiel zu vertauschen.“ (Friedrich Schiller)

Von Spielregeln für einen Umgang mit und in Social Media abgesehen, bietet die Beschäftigung mit Social-Media-Guidelines einen guten Anlass, sich mit der Social-Media-Strategie zu befassen. Denn Guidelines sind im Grunde nur die Spitze des Eisbergs. Identität, Ziele und Zielgruppen, Themen und Inhalte, Monitoring, Strukturen, Rechtliches und Organisatorisches: Das alles gilt es zu prüfen, wenn es darum geht, welchen Stellenwert man Social Media einräumt, wie man Social Media betreibt und welche Rolle man selbst dort spielen möchte.

Will man Spielregeln aufstellen, muss man wissen, für welches Spiel diese Regeln gelten sollen.

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„Wie man den Acker bestellt, so trägt er.“

Bewusst habe ich das Thema Strategie an das Ende des Coachingprogramms gesetzt. Informationen, theoretisches Wissen und Geräte kann man beschaffen. Selbstverständlich kann man sich Strategien anderer ansehen. Doch ohne Erfahrungen und Erkenntnisse bleibt eine Strategie oftmals nicht viel mehr als ein Luftschloß. Begreift man Strategie aber als einen Prozess, in dem man sich und die Bedingungen von Kommunikation regelmäßig durchleuchtet, lässt sich viel lernen – und erreichen.

Aus der Vergangenheit lernen und in der Gegenwart Zukunft gestalten

Dreizehn Bibliotheken arbeiteten und diskutierten sich in den Workshops durch Fragen wie zum Beispiel diese:

  • Was ist die Leitidee der Bibliothek für Social Media? (Mission, Vision, Selbstverständnis)
  • Welche Rolle spielt Social Media für die Bibliothek? (Intern, extern)
  • Welche Rolle spielt die Bibliothek in Social Media? Was ist die Bibliothek für andere?
  • Welche Funktionen erfüllen die einzelnen Dienste für die Bibliothek im Rahmen der Kommunikationsstrategie? (Intern, extern)
  • Welche Faktoren kennzeichnen einen Erfolg / Misserfolg in Social Media?
  • Wie wird Social Media in die Arbeit der Bibliothek integriert?
  • Was passiert mit Ideen?
  • Wie kommt neues Wissen über Social Media in die Bibliothek?
  • Wie geht die Bibliothek mit Fehlern um? (Fehler anderer, eigene)

Wir fuhren quasi die Ernte der vorhergehenden Workshops und der Arbeit zwischen den Workshops ein. War ursprünglich die Idee des Coachingsprogramms, eine Art Kampagne zu entwickeln, verwarfen wir diese Idee zugunsten der Arbeit an der Leitidee. Je bewusster sich eine öffentliche Bibliothek dieser Leitidee ist, desto besser kann diese in die Inhalte abstrahlen, die im digitalen Raum veröffentlicht werden – vom einzelnen Like und Kommentar über spontane Mikro-Inhalte bis hin zu großen Serien.

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„Eine Idee muß Wirklichkeit werden können, sonst ist sie eine eitle Seifenblase.“ (Berthold Auerbach)

Worin besteht diese Leitidee? Wie macht sie sich in verschiedenen Medienformaten bemerkbar? Wie gestaltet man sie, in Bild, Ton und Text? Welche Geschichten erzählen von dieser Leitidee? Wer verkörpert diese Leitidee? Je bewusster man sich seiner Leitidee ist, desto besser kann sie in alle Inhalte fließen, die man in verschiedenen Kanälen kommuniziert, ja, sie liegt bestenfalls jeder Kommunikation zugrunde. Wenn man sich darüber verständigt und sie (gern) verinnerlicht.

Dann erzählen diese Inhalte den Menschen, in deren Stream sie auftauchen, wiederum etwas über die  Bibliothek und ihrer Leitidee. Bestenfalls laden sie dazu ein, sich mit ihren Werten und Geschichten zu identifizieren. Es entsteht Kontakt. Was man dann auf diesen Kontakt folgen lässt, muss Teil der Strategie sein. Und sei es, dass man sich überlegt, wie man etwa auf Freundlichkeiten und den Dank Fremder reagiert. Denn ein erfreutes Erröten sieht im Digitalen ohne weiteres niemand.

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Erforderlich ist hierfür zunächst mal ein vertrauensvoller und verbindlicher Austausch im Team und den Rückhalt sowie die Unterstützung von Leitung und Kommune. Daraus kann Gutes wachsen.

Was sich in den letzten beiden Jahren in den dreizehn Bibliotheken verändert hat – und ob sich etwas verändert hat -, das erzählen sie selbst. Demnächst hier in diesem Kino, ähem, Blog. In Bildern, Filmen und Texten. Morgen steht aber erstmal unser zweites Barcamp im Rahmen der #BibReise an, das Lernortcamp.  Heidewitzka!

Verflucht!
Zur rechten Zeit fällt einem nie was ein,
und was man Gutes denkt,
kommt meist erst hintendrein.
(Goethe)

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Alle Fotos entstanden auf den Reisen der Coachin und Reiseleiterin. Die Zeichnung wiederum in ihrem Heimbüro.

 

 

 

Ein Kommentar zu “Mit Anstand und frohem Mut: Die letzte Workshoprunde der #BibReise

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